Von einem, der auszog, die Weinberge zu spritzen.

Seit nunmehr 39 Jahren fahre ich brav wie all die anderen Winzer mehrmals im Jahr durch die Weinberge und behandele meine Pflanzen mit Kupfer, Schwefel, Bicarbonat und Pflegeseife. Auch ein ökologischer Weinbauer sitzt nicht über Sommer zuhause und dankt der Natur, was sie für ihn übrig läßt. Und so war es auch am Morgen des 2. Juli, als ich mich aufmachte, den Pilzkrankheiten Einhalt zu gebieten.

Vielleicht war es ein kleines Flugobjekt oder auch nur ein trockenes Blatt, das mir von vorne ins sommerlich geöffnete Hemd hinein flog. Nicht sonderlich erschrocken griff ich an den Stoff, als ich plötzlich merkte, wie das linke Vorderrad wegsackte und eh ich mich versah, das große Hinterrad das gleiche tat. Irgendwie nicht sonderlich erschrocken stieg ich ruhig von Traktor, und versuchte zu begreifen, was da passiert sein könnte. Seit über 20 Jahren fahre ich nun schon an dieser Stelle an meinem Riesling vorbei, immer in Gedanken, dass 80 cm neben der Fahrspur eine 50 cm tiefe Betonrinne vorbei führt. Sie ist in der Flurbereinigung angelegt worden, um die umliegenden Weinberge zu drainieren und Winterwasser vom Weg schnell abzuleiten.

Irgendwie nicht sonderlich erschrocken stieg ich ruhig von Traktor, und versuchte zu begreifen, was da passiert sein könnte.

Nun war es passiert und ich lag da drin. Bisher kein Schaden am Traktor, an der Spritze und an mir. Und es war so unwirklich, dass ich einige Minuten brauchte, um zu verstehen. Glücklicherweise haben wir einen pfiffigen Autoschrauber im Dorf, der sich auskennt mit Maschinen aller Art, besonders wenn sie mal Probleme machen wie bei mir. Nach 10 Minuten stand er neben mir und betrachtete die Sachlage. Nach weiteren 10 Minuten kam ein LKW mit Kran genau an die Stelle gefahren, wo der Traktor lag. Vorne angehoben und auf den Weg zurück gesetzt, hinter angehoben – und alles war gut. „31 Minuten vom ersten Anruf bis zur Erledigung des ‚kleinen‘ Problems“ sagte er nur und weg war er.

Ich stand da wie ein nasser Pudel, der sich wunderte, dass er gar nicht naß geworden war. Nichts war defekt, verbeult, ausgelaufen, verletzt. Ich setzte mich auf den Traktor und fuhr weiter, aber das Gefühl wollte lange Zeit nicht vergehen, dass ich das gerade geträumt hatte…