Na, war’s das schon? Es ist Anfang August, und bald steht schon wieder Weihnachten vor der Türe. Zeit, einmal Revue passieren zu lassen, was wir seit dem letzten Herbst hier so erlebt haben.
Am Anfang waren es unscheinbare Löcher. Nein, nicht in den Weinfässern, sondern im Zaun um die Wiese am Haus. Er war gedacht als Gefahrenabwehr für meine Hühner und Gänse und hatte mir schon seit über 20 Jahren gute Dienste geleistet, mich unter anderem auch sorgenfrei schlafen lassen.
Es würde zu weit führen, die Abfolge der schon recht dramatischen Ereignisse im Detail hier nieder zu schreiben. Jedenfalls hatte der Herr Reineke Fuchs im Laufe eines halben Jahren immer wieder ein Loch im Zaun gefunden oder neu aufgemacht und die Hühner und Gänse schubkarrenweise in seine Speisekammer überführt. Und ich war so einfältig zu glauben, mit dem Stopfen eines Loches das Problem gelöst zu haben. Nachdem von 5 großen Gänsen nur eine übrig blieb, von ehemals 24 Hühnern zuzüglich 10 nachgekauften ( 24+10-33=1) auch nur noch eines am Leben war, hatte ich begonnen, die Wiese in einen Hochsicherheitstrakt um zu wandeln. Hecken und Büsche am Zaun wurden entfernt, ein fieser Widerhakendraht an wichtigen Stellen befestigt und zusätzlich einen Elektrodraht oberhalb der Zaunes angebracht.
Und erst jetzt fand ich die letzte Stelle, an der der Herr tagein tagaus Zugang fand zur Wiese, um seinen Hunger und den seiner Jungfüchse zu stillen. Es wird Gras drüber wachsen über die Stelle, aber hier kommt jetzt niemand mehr durch.
10 junge Hühner sind seit 14 Tage wieder eingestallt, auch der neue Gockel übt schon kräftig, die Mädels auf feines Futter aufmerksam zu machen und bei Laune zu halten. Zwei junge Graugänse, die mitten in den Unruhen der letzten Monate das Licht der Welt erblickten, erfreuen sich mit der übrig gebliebenen alten Gans bester Gesundheit und gedeihen prächtig.
War bisher der Anblick pickender Hühner nach der Arbeit für mich eine Möglichkeit zur Entschleunigung, so habe ich seit drei Wochen eine weitere Möglichkeit geschenkt bekommen, allabendlich wieder Kontakt zur Erde her zu stellen. Als vorläufiges Überbleibsel aus einem Dreh für ein Bioland-Filmprojekt grasen drei Heidschnucken hinter der Halle in einem umzäunten Bereich und entblättern derzeit alle Hecken, Dornenbüsche und Sträucher bis 1.40 Meter, nur an die Hochstammreben kommen sie nicht dran. Und wenn ich abends vorbei schaue und sie mit einem Stück trocken Brot verwöhnen will, rennen sie mich schon fast über den Haufen.
Das Besondere an der Sache ist, dass ich eigentlich schon seit einigen Jahren darauf hin arbeite, auch die Arbeit im Weinberg zu entschleunigen, um dadurch den CO2-Fußabdruck der neu angelegten Weinberge durch pilzresistente Reben und extensive Umkehrerziehung zu minimieren. Als letztes Glied dabei waren Schafe eingeplant, die das Stocklaub und die Begrünung „biologisch“ kurz halten und als Wiederkäuer ihren Beitrag leisten sollten, den Boden zu düngen und zu dynamisieren. Der feine Unterschied zu der derzeitigen Situation ist nur, diese Schafe hatte ich erst in 3-5 Jahren eingeplant.
Aber wie schrieb schon der Dichter und Philosoph Khalil Gibran: „Eure Kinder sind nicht eure Kinder. Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selbst…“