Ökologischer Weinbau

Alles hat einen Anfang!

Als ich mich entschieden hatte, die Weinberge ökologisch zu bewirtschaften, wußte ich anfangs nur sehr wenig. So arbeitete ich mich durch alte wissenschaftliche Schmöker und Abhandlungen langsam vor, um die einzelne Erkenntnisse, die damals schon existierten, in praktischen Nutzen umzusetzen.

Grundzüge der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise nach Rudolf Steiner halfen zwar ein wenig, aber Details z.B. über die Lebensweise von Nützlingen oder Pilzkrankheiten im Weinbau musste ich umständlich zusammen stückeln. Bemerkenswert war damals für mich, dass z. B. die Raubmilbe, ein Gegenspieler der schädlichen Roten Spinnmilbe, schon in einem Handbuch von 1891 Erwähnung fand, in der weinbaulichen Praxis der 60er Jahre aber alles, was zappeln konnte im Weinberg, platt gemacht wurde.

Als ich im Jahre 1979 meine erste ökologisch erzeugte Silvaner-Ernte nach Hause brachte, stellte ich beim Bioland-Verband einen Antrag auf Mitgliedschaft. Damals arbeiteten ca. 350 Bauern und Gärtner hauptsächlich in Süddeutschland nach den Richtlinien des organisch-biologischen Anbaus. Es brauchte über ein Jahr, bis ein bärtiger Verbandsvertreter aus der Hinnerp’alz bei mir vorbeikam, um den Aufnahmeantrag zu unterschreiben. Anfang 1981 wurde ich als Bioland-Winzer aufgenommen. Wer weiß, vielleicht dauerte es auch deshalb ein wenig länger, weil pikanterweise die Ursprünge der Verbandsentstehung mit der Antialkoholiker-Bewegung der Bauern in der Schweiz verbunden waren.

Die Natur meldet sich!

Nach über 40 Jahren als Bioland-Winzer kann ich nicht anders, hier eher mal einen kleinen Blick zurück zu werfen zu meinen Anfängen in Wollmesheim, als über das Heute zu schreiben. Wen das nicht sonderlich interessiert, kann gerne die nächsten Zeilen überspringen und gleich auf den Link „aktuelle Preisliste“ drücken.

Bei meinem ersten Silvaner-Weinberg ließ ich zuerst Bodenproben untersuchen, um zu wissen, was der Rebe fehlen könnte nach so vielen Jahren mit „modernen“ Anbaumethoden. Die schriftlichen Ergebnisse der LUFA Speyer waren alle rot gekennzeichnet, d.h. alles war im Mangel: Stickstoff, Phosphor, Kali, Magnesium und diverse Spurenelemente. Ich hätte nicht kiloweise, sondern zentnerweise düngen müssen. Nach einer Überschlagsrechnung, was mich das mit Bio- Düngemitteln kosten würde, hatte ich mich entschieden, nichts zu machen – außer den Boden dauerhaft zu begrünen und weiter zu beobachten. Die folgenden Jahre gaben mir recht, denn keines der möglichen Mangelerscheinungen an der Rebe zeigte sich auch nur ansatzweise. Und weitere Bodenuntersuchungen mit anderen Methoden bescheinigten mir ausreichend bis reichliche Mengen an Mineralstoffen im Boden. Allerdings in schwerlöslicher Form, die nur über Humuswirtschaft und aktives Bodenleben verfügbar gemacht werden können – genau das war mein Weg.

Als Pflanzenschutzmittel gab es damals nur das „BIO-S“, wahrscheinlich eine Mischung aus Schwefel, Gesteinsmehl und Kräutern. Und oh Wunder, es half mir 7-8 Jahre, mögliche Pilzkrankheiten auch ohne Kupfer in Schach zu halten. Da ich keine Insektizide einsetzte, machte mich auch bald mein eher kritischer Nachbar kurz vor meiner ersten Ernte darauf aufmerksam, dass die Rote Spinnmilbe meine Reben befallen hätte – ich müsse doch jetzt Gift spritzen!. Auch bei einer Flurbegehung in dieser Zeit wurde leicht lächelnd schon von Ferne registriert, dass der Bio-Weinberg farblich einen Milbenbefall signalisierte. Trotz allem hatte der geerntete Silvaner noch 86° Öchsle. Im darauf folgenden Frühjahr kam mein Nachbar wieder zu mir, und fragte, was ich denn jetzt gespritzt hätte – die Milben wären weg! Ich hatte zwar in alten Büchern von der Arbeit der Raubmilben gelesen, war aber doch angenehm überrascht, dass sie in meinem Weinberg schon nach einem Winter für Ordnung gesorgt hatten – und das machten sie auch in allen weiteren Weinbergen bis auf den heutigen Tag.

Das Unkraut unter den Reben versuchte ich mangels geeigneter Maschinen mit der Sense kurz zu halten und verbrachte damit abends viele Stunden bis kurz vor dem Dunkelwerden. An einen Moment denke ich aber bis heute zurück. Einmal beim Mähen flog plötzlich eine kleine Feder kreisförmig aus der Rebzeile nach oben. Ein wenig irritiert blickte ich nach unten in die Begrünung und sah in die Augen eines Rebhuhns, das leicht abgeduckt auf ihren Nest saß und mir sagen wollte: wie kannst Du nur!? Und das war dann auch der erste Weinberg, in dem ich erleben durfte, dass nicht nur das Federvieh zurück kam, sondern auch die Weinbergschnecken.

Ökologischer Landbau: Die Grundregeln

  • keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel, stattdessen Verwendung von Schwefel und Kupfer, Natriumbikarbonat und Pflanzenstärkungsmitteln
  • keine Mineraldünger – dafür Dauerbegrünung, organische Nährstoffe, Komposte, Humuswirtschaft
  • keine Herbizide, sondern eine rein mechanische Beikrautregulierung

Ich bitte um Verständnis, weitere Details über meinen aktuellen Biopritzmitteleinsatz und die Bodenpflege hier nicht nieder zu schreiben – ich würde im Gegensatz zu der Zeit vor 40 Jahren mittlerweile Bekanntes und wissenschaftlich Belegtes nur wiederholen. Das Internet weiß alles über die Grundlagen des ökologischen Landbaus. Und als Winzer bin ich auch nur ein Teil von vielen bäuerlichen Kollegen, die alle mit ähnlichen ökologischen Mitteln und Methoden versuchen, die „Kugel“, auf der wir leben, in der Spur zu halten.